
So beginnt unser Drachentraining… mit einer Geschichte!
„Eine kleine Reise durch das Drachentraining„
Unsere Reise beginnt mit der Geschichte eines kleinen Jungen, der in einem Elternhaus mit vielen Geschwistern aufwächst. Das Geld und auch die Zuneigung der Eltern sind knapp. Er wird kaum unterstützt. Das trifft den Jungen ins Herz, es wird zunehmend dunkel. Ähnlich den Ringen einer Zwiebel legen sich Schichten um sein Herz und machen es schwer.
Auch in der Schule hat er es nicht leicht. Er spricht nur Plattdeutsch, damals die „Sprache der armen Leute“. Die Lehrer unterstützen ihn kaum, sagen ihm, dass aus ihm nicht wird.
Doch das ändert sich, als er älter wird. Er lernt Freunde kennen, die ihn unterstützen, ihm Hochdeutsch beibringen und ihm Mut machen.
Langsam lösen sich die Schichten, sein Herz wird leichter und er fasst Vertrauen in sich und sein Leben. Er hat Freude beim Sport, findet neue Lehrkräfte, die ihn fördern und begleiten und er schafft seinen Schulabschluss.
Das Bild vom Herzen des Jungen, erst schwer und dunkel, am Ende leichter werdend und frei, begleitet uns als Motiv auf unserer Reise durch das Drachentraining.
Diese führt uns an die Nordsee, wo es Ebbe und Flut gibt. Die Kinder wandern durch das Watt. Doch die Flut kommt, schnell auf eine rettende Insel! Es wird eng und enger, die Kinder suchen nach gemeinsamen Lösungen und Unterstützung, ein zusammenrücken auf engstem Raum.
Ein positives Gruppengefühl baut sich auf!
Zurück in Hamburg, nun wird es laut!
„Das kleine Nein“ entwickelt sich zum „großen Nein“. Die Kinder erleben, wie sie eine klare Körperhaltung und ein kurzes „Halt, Stopp!“ wachsen lässt.
Wir machen einen Ausflug auf die „Lange Reihe“. Was kann ich tun, wenn ich außerhalb der Schule angesprochen werde und ich ein schlechtes Bauchgefühl habe? Gemeinsam überlegen wir, wie und wo Hilfe zu finden ist und was ich tun kann. Verschiedene Lösungen werden besprochen und im Rollenspiel ausprobiert.
Hurra, endlich Pause!
Es ist viel los auf unserem Schulhof. Es wird Fußball gespielt, getickt und getobt.
Doch was ist, wenn ich niemanden zum Toben habe und mich auch niemand mitspielen lässt?
Wir üben ein kleines Theaterstück ein und kommen miteinander ins Gespräch.
Was ist Ausgrenzung? Wie fühle ich mich, wenn ich einsam bin?
Und wer hat sich schonmal einsam und allein gefühlt? Alle Finger gehen nach oben, selbst die Lehrkräfte melden sich. Doch wie erkenne ich, ob sich jemand einsam fühlt, kann ich das sehen? Erinnerungen und an schweres Herz und einen kleinen Jungen werden wach. Ein schweres Herz wieder leicht zu machen ist aber ganz einfach. Trösten, mitspielen lassen, unsere Freundschaftsbank! Die Kinder haben viele gute Ideen.
Wir sprechen über Pausenaufsichten und wie ich mir Hilfe holen kann, üben auch dies in Rollenspielen.
In der Sporthalle wartet der „Zauberberg“ auf uns – jetzt geht es hoch hinaus!
Alle Kinder sollen ihn besteigen, doch alleine ist es zu hoch. Nur gemeinsam, wenn ein Kind dem anderen hilft, ist der Berg zu bezwingen. Schnell gehen die Finger hoch: „Räuberleiter“, sich gegenseitig hochziehen und von unten schieben. Am Ende ist die ganze Klasse oben.
Die Reise geht weiter, wir treffen uns im Pavillon. Einige Kinder liegen auf dem weichen Boden, die anderen bewegen sich zu sanfter Musik vorsichtig durch den Raum. Andere über sich steigen zu lassen erfordert viel Mut, doch die Kinder merken schnell, wie achtsam die Anderen sind und fassen Vertrauen.
Die Musik und auch das Tempo werden schneller, es wird aufregender und manchmal brenzlig. Aber am Ende konnten sich die Schüler aufeinander verlassen und merken, dass ihnen nichts passiert.
Zurück in der Klasse, wir treffen uns im Sitzkreis. Mit dem Buch „Tomatenrot“ greifen wir nochmal das Thema Mobbing auf. Das Buch arbeitet mit starken Bildern und macht klar, dass es viel Mut braucht, um sich bei Mobbing und Ausgrenzung zu wehren.
Eine bedrückende Geschichte, die sich nur durch Zivilcourage und Zusammenhalt auflösen lässt.
Ein neuer Tag bricht an, auf zu neuen Abenteuern. Auf dem Weg zur Sporthalle kommen wir an der Freundschaftsbank vorbei. Das Drachentraining ist schon fortgeschritten, erklären müssen wir nichts: „Wenn hier Kinder sitzen, suchen sie jemanden zum Spielen und sind vielleicht einsam.“
In der Turnhalle wird heute gekämpft!
„Drachentraining und kämpfen? Das passt doch gar nicht. Doch!“
Beim Bodenkampf heißt es erneut: „Keiner muss, jeder darf!“
Schnell wird klar, dass es hier nicht gegeneinander geht, der Spaß miteinander steht im Vordergrund. Zum Erstaunen der Zuschauer wird hier beim Kämpfen gelacht, wer am Ende gewinnt, ist fast zweitrangig.
Zuletzt lesen wir das Buch „Das Geheimnis des friedlichen Kriegers“.
Die Geschichte spiegelt unsere gesamte Woche wider. Erstaunlich, welche Parallelen die Kinder entdecken.
Das Ende unserer gemeinsamen Woche nähert sich. In der letzten Stunde erinnern wir uns noch einmal an alle gemeinsam erlebten Abenteuer.
Es war eine intensive Zeit, die uns sehr miteinander verbunden hat.
Und der Junge aus der Geschichte vom Anfang unserer Woche ist jetzt Drachentrainer, man glaubt es nicht!“
Erzählt von Hauke Reglin und Jesko Chung
Konzept für das Drachentraining:
In jedem Schuljahr findet rund um die Herbstferien in jeder ersten Klasse eine Woche lang das Drachentraining als Intensivkurs statt.
Daran anschließend führen wir es mit einer festen Unterrichtsstunde wöchentlich fort, um die Themen im Alltag der Erstklassenkinder zu integrieren und zu vertiefen.
Das Drachentraining führen zwei Pädagogen der Heinrich-Wolgast-Schule in enger Zusammenarbeit durch. Herr Reglin als Sozialpädagoge und Herr Chung als Heilerziehungspfleger.
Die Klassenlehrkräfte nehmen ebenfalls teil, so kann eine enge Verzahnung und ein guter Austausch stattfinden. Themen aus dem Klassenalltag können so aufgegriffen und miteinander besprochen werden.
Unsere Ziele:
- Gemeinschaft fördern
- Selbst- und Fremdwahrnehmung fördern
- Vertrauen in der Klassengemeinschaft stärken
- Abbau sozialer Ängste und von Unsicherheiten
- Verhaltensmaßnahmen und -Strategien in Konfliktsituationen erarbeiten
- Zusammenarbeit und Kommunikation
- Umgang mit schwierigen Gruppensituationen (wie Ausgrenzung)
- Konflikte verstehen und miteinander bearbeiten
- Stärkung von Empathie und Einfühlungsvermögen
Wir greifen in unserer Arbeit auf Elemente aus verschiedenen Bereichen zurück:
- Erlebnispädagogik
- Theaterpädagogik
- Gewaltprävention
- Klassisches soziales Lernen
Beim Drachentraining handelt es sich somit um eine Sammlung von Übungen, die einen Verhaltensorientierten Ansatz verwenden, um unseren Schülerinnen und Schülern altersgerechte Kompetenzen und Fähigkeiten im sozialen Miteinander an die Hand zu geben und sie für den Schulalltag zu stärken.
Unser Drachentraining soll Konflikten vorbeugen und vor allem als Gewaltprävention im schulischen Alltag und auch darüber hinauswirken.
Dabei liegt ein Hauptaugenmerk auf dem Aufbau der Empathiefähigkeit unserer Schülerinnen und Schüler, auf einem achtsamen und wertschätzenden Miteinander.
Die Kinder erleben sich dabei als Gemeinschaft und haben Freude bei ihren Aufgaben und Herausforderungen gemeinsame Ziele zu erreichen.